Aus der Presse


Maßstab ist nur das Original der alte Fritz lässt Blicken

24. September 2003

Holzrestaurator Kurt Kallensee: Kenntnisse in Chemie gefragt

Kurt Kallensee

Foto: Jäzosch
Von Dieter Weirauch

Alt Nowawes 41, am Rande des Weberviertels von Potsdam: Im umgebauten Tanzsaal einer Gaststätte werden seit Jahresbeginn hölzerne Kunstwerke restauriert. Im Gegensatz zur beengten Werkstatt in der Innenstadt ein gewaltiger Fortschritt für Kurt Kallensee und Sohn Jan. Jan tritt in die Fußstapfen des Vaters und hat mit der "Barockdiele" jüngst eine eigene spezielle Firma für die Restaurierung und Verlegung von alten Holzfußböden aufgebaut.
Ein Blick genügt und man erkennt, wie viele Handwerke ein Holzrestaurator neben dem künstlerischen Können beherrschen muss. Davon sprechen schon die Wände Bände. Da liegen Hobel unterschiedlicher Größe, Sägen, Drechslerwerkzeug und Schnitzmesser in allen Abmessungen.

Das Spannendste aber: Zu jedem Kunstwerk, das aufgearbeitet oder restauriert wird, kann Kurt Kallensee eine Geschichte erzählen. So etwa über die Bibliothek Friedrichs des Großen im Schloss Sanssouci, die er in den 70er-Jahren restaurierte. "Das war ein Glücksfall." blickt der heute 59-Jährige zurück. Längst gilt die Bibliothek wieder als der schönste Innenraum des Rokoko. Bevor Kallensee an diesen Raum Hand anlegte, sammelte er mehrere Jahre in der Werkstatt für Holzskulpturen-Restaurierung des damaligen Instituts für Denkmalpflege der DDR Erfahrungen. Von dort wechselte er 1969 zu den Staatlichen Schlössern und Gärten Potsdam-Sanssouci. Seit 1978 arbeitet er freiberuflich. 1989 trat sein Sohn Jan Lucas in die Werkstatt ein.

Beide restaurierten auch den Palmensaal im Neuen Garten. Bei den Techniken greifen Vater und Sohn auf die beim Original verwendeten zurück. Deshalb geht einer Farbrestaurierung fast immer eine mikrochemische Untersuchung voraus. Unentbehrlich dabei ist eine von ihnen aufgebaute Kartei, die Techniken und Rezepturen vergangener Jahrhunderte umfasst.

Die Brandenburgerin Sara Pieper - Praktikantin bei Kallensee - will ab kommendem Jahr an der Fachhochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim Holzrestaurierung studieren. Die Eignungsprüfung, zu der neben der Absolvierung von Tests auch die Vorlage einer künstlerischen Mappe gehört, bestand sie bereits. Bis zum Studienbeginn will sie sich mit der Restaurierung von Möbeln verschiedener Epochen beschäftigen und danach noch in der Schlösserstiftung arbeiten. Die Diplomrestauratorin in spe musste ein hartes Auswahlverfahren durchstehen. Voraussetzung für das Studium ist ein zweijähriges Vorpraktikum in einer Restaurierungswerkstatt. Aufträge erhalten die Restauratoren sowohl von Sammlern, als auch von der Schlösserstiftung. "Wir bewerben uns auf Ausschreibungen und manchmal haben wir Glück", so Kurt Kallensee. Info: Restauratoren werden u. a. an den Fachhochschulen in Berlin, Potsdam, Hildesheim, Köln und Erfurt ausgebildet. Außerdem gibt es einen Studiengang an der Technischen Universität München sowie an der Hochschule für Bildende Kunst Dresden.